Es war schon dunkel, als wir in Shanghai, der Megacity mit 19 Millionen Einwohnern landeten. Die Stadt empfing uns nicht gerade freundlich, wiederum regnete es in Strömen. Am Flughafen stellten wir uns artig in die Reihe, um uns einen Taxi zu ergattern. Natürlich waren auch die schwarz gekleideten Männer da, die uns zu einer überteuerten Taxifahrt anwerben wollten. Wir lernen jeden Tag etwas dazu in China und hielten uns an die offiziellen Taxifahrer, auch wenn wir etwas warten mussten. Im Taxi sitzend, waren wir uns aber nicht ganz sicher, ob der Fahrer den Weg zu unserem Hotel kannte und uns direkt ins Hotel führte oder ob er noch ein paar Zusatzschleifen drehte, während der Taxameter gleichmässig tickte. Trau nie einem Chinesen! Er muss sein Geld heute verdienen, morgen ist es vielleicht zu spät. Als der Fahrer so gemütlich durch die Stadt bummelte, nahm Armin sein Smartphone hervor, schaltete den Stadtplan von Shanghai auf, der Fahrer sah dies und plötzlich drückte er aufs Gas und siehe da, in kürzester Zeit standen wir vor unserem Hotel.
An die Wolkenkratzer haben wir uns in den letzten Tagen längst gewöhnt. Aber in Shanghai kratzten die Häuser wirklich an den Wolken, so tief hingen die Wolken und der Nebel.

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Mit Regenschirm und Regenschutz ausgerüstet machten wir uns zu Fuss auf den Weg, die Stadt zu entdecken. An einer Ecke folgten wir dem falschen Wasserlauf und verirrten uns total in die falsche Richtung. Dafür haben wir ein Stück altes Shanghai gesehen, wo nicht jeder Tourist hinkommt, ein Viertel, das längst für eine Erneuerung bereit wäre.

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Müde von der Lauferei suchten wir nach einem gemütlich Café oder Teehaus.

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Aber in diesem Quartier glich dies einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die Chinesen sind keine Kaffeetrinker und oft ist der Kaffe doppelt so teuer wie ein ganzes Mittag- oder Nachtessen. Endlich glaubten wir, fündig geworden zu sein, das Lokal sah gediegen aus. Es war aber eine Antiquitätensammlung mit vielen Tischen und Stühlen. Viele Kilometer sind wir marschiert bis wieder uns wieder orientieren konnten und am Bund angelangt waren.

Wonnemonat Mai in Shanghai

Wonnemonat Mai in Shanghai

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Der Bund ist die bekannteste Meile der Stadt. Er ist das Symbol für das Kolonial-Shanghai, einst die Wall Street der Stadt, dort wo Vermögen gewonnen, aber auch verloren werden.Hier am Ufer des Huangpu Flusses stehen alle im Kolonialstil erbauten Häuser aus Frankreichs und Englands Kolonialzeit.

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Selbst der asiatische Big Ben fehlt nicht.

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Fanieren und sinnieren auf dem Bund

Fanieren und sinnieren auf dem Bund

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Auf der gegenüber liegenden Seite des Flusses türmen sich die modernen Hochhäuser der heutigen, einflussreichen Finanzwelt in die Höhe. Ein Rekord an Höhe scheint den anderen zu jagen.

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Am Abend hatten wir die Möglichkeit, erneut eine Akrobatikshow zu besuchen. Wie schon in Guilin, war es wiederum eine Vorstellung von Präzision, Muskelkraft, Mut und Perfektion. Die Gruppe ist international tätig und gehört zum chinesischen Nationalzirkus. Einige Nummern konnten wir life erleben, die wir schon vom Fernsehen kannten.
Shanghai ist nicht übersät mit Tempeln. Hier gibt es viele andere Ablenkungen und Vergnügungen, als sich dem Buddha zu widmen. Aber mitten in der geschäftigen Stadt, zwischen modernen Hochhäusern, am Jing’an Platz, steht eine vergoldete Tempelanlage, die mitten in der Hektik des Alltages eine gewisse Ruhe ausströmt.

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Auch Mönche kommen nicht mehr ohne Handy aus

Auch Mönche kommen nicht mehr ohne Handy aus

Von unserem Hotel aus war diese Anlage mit dem Bus einfach zu erreichen.

Am Nachmittag peilten wir den Shiliupu Fabric Market in der Altstadt an. Der Markt ist bekannt für günstige Seiden-, Kaschmir-, Leinen- und Baumwollstoffe. Da schlägt das Herz einer Näherin leicht höher. In diesem Markt werden auch massgeschneiderte Herrenanzüge verkauft und ist deshalb auch das Ziel vieler Touristen. Mit der U-Bahn fuhren wir zur nächstgelegenen Haltestelle, setzten uns auf ein Mäuerchen und studierten den Stadtplan. Es dauerte nicht lange und wir wurden von zwei jungen Chinesen angesprochen Das ist nichts Aussergewöhnliches. Dies kommt oft vor, einerseits sind die Chinesen neugierig, sie wollen wissen aus welchem Land wir kommen, wo unsere Reise hinführt etc., andererseits wollen sie sich im Englischsprechen üben. Viele haben nicht die Möglichkeit und das Geld, um ins Ausland zu reisen. Wir dienen auch oft als Fotomotive. Die beiden jungen Leute stellten sich uns vor, sie seien Studenten und für eine Woche in Shanghai im Urlaub. Auf die Frage, was unser Ziel sei, antworteten wir wahrheitsgetreu, der Shiliupu Fabric Market. Weiter fragten sie uns, ob wir gehört hätten, dass zurzeit in Shanghai ein Tee-Festival stattfinde. Es sei nur 2 Minuten von der U-Bahnhaltestelle entfernt und liege auf unserem Weg. Man erfahre alles über die Teegeschichte, die Kultur und den Anbau. Irgendwie kam mir im Unterbewusstsein der Gedanke auf, für Touristen kennen die sich aber gut aus in Shanghai. Erst zögerten wir, schliesslich sagten wir zu, es könnte ja interessant sein und ich stellte mir wirklich ein Festival im grösseren Stile vor. Die junge, sympathische Dame nahm sich selbstverständlich Armin an, verwickelte ihn in ein angeregtes Gespräch, der junge Mann nahm sich meiner an, wohlbedacht, dass Armin und ich genügend Abstand hatten, um nicht miteinander kommunizieren zu können. Schliesslich bogen wir in eine schmudlige Strasse ein. Da bekam ich ein mulmiges Gefühl im Bauch, blieb einige Male beunruhigt stehen und wollte wissen, ob Armin noch hinter mir ist. Armin wurde nicht misstrauisch und merkte nichts von meiner Nervosität. Ich dachte, ich sei wieder einmal überängstlich und machte gute Miene zum bösen Spiel. Schliesslich führten sie uns in einem kleinen Laden in ein hinteres Zimmer. Ich dachte mir, oh Gott, nur keine K.O-Tropfen oder dergleichen.

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Armin hegte immer noch keinen Verdacht. Sie nahmen uns geschickt in die Mitte, so dass ein Entkommen in diesem kleinen Raum unmöglich war. Sie hielten uns kurz eine Preisliste vor die Nase, ohne uns Zeit zu lassen, sie genau zu studieren. Sie gaben uns 5 verschiedene Tees aus winzig kleinen, Fingerhut ähnlichen, Tässchen zum Probieren. Am Schluss wurde eine horrende Rechnung präsentiert. Gütig meinten die Studenten, wir würden ja die Rechnung teilen, aber keiner von beiden bezahlte etwas. Obwohl wir Aufstand machten, mussten wir unseren Teil bezahlen, damit wir so schnell wie möglich aus diesem Loch herauskamen. Zum Glück waren es keine K.O-Tropfen. Unsere Moral war total am Boden. Wir hätten es ja wissen müssen. Ich war wütend auf mich, weil ich meinem Bauchgefühl nicht gefolgt bin. Wir versuchten es mit Humor zu tragen, es gelang uns aber nicht wirklich. Mit hängenden Köpfen gingen wir dann doch noch zum Shiliupu Fabric Market. Lustlos schlichen wir durch die vielen Stoffe und Angebote und mussten feststellen, dass wir für den Betrag der Teedegustation, einen massgeschneiderten Anzug für Armin hätten kaufen können. Wir schliefen schlecht in dieser Nacht und wir fragten uns, mit welchem miesen Trick wir das nächste Mal über den Tisch gezogen werden. Wenn mir zu Hause jemand diese Geschichte erzählt hätte, hätte ich gesagt, das würde mir nie passieren. Einmal mehr wurden wir von der Situation überrascht.
Am anderen Morgen um 7:15 h wurden wir abgeholt für den Besuch der Insel Putuo Shan. Dort liegt ein weiterer heiliger Berg der Buddhisten. Guanyin, die stets mitfühlende Göttin der Barmherzigkeit soll dort beheimatet sein. Es soll eine gepflegte, üppig grüne Insel, auf dem Zhoushan-Archipel, vor Shanghai gelegen, sein und wir wollten dort eine Nacht verbringen. Ohne viele Worte drückte uns ein deutschsprechender Führer zwei Billette, alles in Chinesisch geschrieben in die Hand und setzte uns an einem Busbahnhof in einen Bus. Ca. 1 ½ Stunden dauerte die Fahrt, vorbei an einem riesigen Windpark, über die längste Brücke Chinas (35 km) zu Shanghais grossem Frachthafen. Dort wurden wir in eine Wartehalle geschleust. Völlig apathisch und in Gedanken versunken, wegen der Ereignisse des Vortages, sassen wir dort und warteten auf die Weiterfahrt. Plötzlich standen alle Leute auf und gingen zum Ausgang, so auch wir. Wir zeigten unsere Tickets und wurden durchgewunken. Am Pier stand nur ein ein Schiff, eine grosse Fähre.

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Nach ca. 2 ½ Stunden erreichten wir eine Insel, nur so gepflegt, wie im „Lonely Planet“ beschrieben, sah sie nicht aus. Verrostete alte Kähne schwammen im Hafen, üppig grün sah es auch nicht aus und es lachte uns kein Buddha entgegen.

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Schei…., wir waren auf der falschen Insel, mit einem Fuss beinahe in der Militärsperrzone, gestrandet. Eine direkte Verbindung nach Putuo Shan gab es nicht. Über komplizierte Wege hätten wir diese Insel um 17:00 h abends erreicht. Wir beschlossen, mit dem nächsten Schiff, nach Shanghai zurückzukehren, mussten aber unsere Reiseagentur darüber informieren, damit wir wieder am Busbahnhof abgeholt werden und wir am Abend wieder unser Hotelzimmer hatten. Ein hilfsbereiter Mann, der die englische Sprache beherrscht, half uns mit den Telefonaten. Er konnte den Leuten in der Agentur erklären, auf welcher Insel wir uns wirklich befanden. In der Agentur hatte noch keiner etwas von dieser Insel „Qushan“ gehört und sie kamen in Panik wegen der zwei verirrten Schweizer Touristen. Bis nach Peking wurde der Vorfall gemeldet und es gab einen Aufruhr durch alle Chefetagen. Die Agentur in Shanghai bekam einen Riesenzusammensch…… von der obersten Stelle. So etwas dürfe einfach nicht passieren mit Gästen. Wir sahen das Ganze nicht so eng, wir waren froh, dass wir wieder am Busbahnhof abgeholt wurden und dasselbe Zimmer im Hotel beziehen durften. Es hat nicht sollen sein. Vielleicht waren wir der Göttin der Barmherzigkeit an diesem Tag nicht hold gesinnt. Es tönte auch wie ein Hohn in unseren Ohren.
Irgendwie war in Shanghai der Wurm drin und diese Stadt scheint nicht das Pflaster der Familie Meili zu sein.
Durch dieses Missgeschick hatten wir einen weiteren Tag in Shanghai zur Verfügung. Als Entschädigung bot die Agentur in Shanghai uns einen kostenlosen Tag an, unter kundiger Führung, durch die Stadt. Es bestand ja die Möglichkeit, dass wir uns ein zweites Mal verirren könnten. Es wurde ein entspannter Tag. Der Reisleiter zeigte uns einen Markt, wo er einkauft. Bei uns wäre es unvorstellbar, dass ein Metzger, eine Zigarette rauchend, die Fleischstücke zuschneidet und um die Schlangen in den Netzen würde ich mich auch nicht reissen.

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Wir flanierten durch die französische Konzession, wo noch viele, geschützte Villen aus Frankreichs Kolonialzeit stehen.

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Er führte uns in einen Teegeschäft, wo die Teedegustation kostenlos ist und wo wir gute Qualität kaufen konnten. Wir stiegen im Finanzviertel im Hyatt Hotel in den 54. Stock, um die Aussicht über die Stadt zu geniessen. Dieses Gebäude war bis zum Bau des 7-Sterne Hotels in Dubai, das höchste Gebäude der Welt.

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Innenhof Hyatt Hotel 56. bis 87. Etage im Hochhaus

Innenhof Hyatt Hotel
56. bis 87. Etage im Hochhaus

Aussicht vom Hyatt Hotel

Aussicht vom Hyatt Hotel

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Ein weiterer Tagesausflug von Shanghai aus, war der Besuch des Wasserdorfes Zhujiajiao, das Venedig Chinas. Es ist ein reizvolles Städtchen aus der Zeit der Ming- und Qingdynastie, mit vielen Gassen, Brücken und Altstadtarchitektur.

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Der Ort wird von vielen chinesischen Touristen überrannt. In den Imbissbuden wurde fleissig gekocht und gebraten.

Klebereis und Schweinefleisch in Blättern gekocht

Klebereis und Schweinefleisch in Blättern gekocht

Aber der Duft regte unsere Magensäfte absolut nicht an. Unser Hirn schaltete auf „kein Hunger“! In Kübeln krabbelten grosse Käfer herum, bereit für den Verzehr.

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Es sind Schädlinge, sie graben grosse Löcher in den Feldern und können ganze Reiskulturen zerstören, weil das Wasser durch die Löcher ausfliesst. Sie werden nicht mit Insektizid behandelt, sondern ganz einfach aufgegessen. Die Chinesen essen alles, was kreucht und fleucht auf unserer Erde. Sie essen alles, was zwei Beine hat, ausser Menschen, sie essen alles was vier Beine, ausser Tische und Stühle und sie essen alles was schwimmt, ausser Schiffe. Da alles verwertet wird, gibt es für jeden genügend zu essen.
Wir verliessen Shanghai mit dem Zug. Mit 300 km pro Stunde flitzten wir unserem nächsten Ziel, Hangzhou, entgegen. Nach einer guten Stunde trafen wir dort im Bahnhof ein. Gleich nach der Ankunft wurden wir gleich wieder von einer Horde Taxischwarzfahrer überfallen und sie verfolgten uns hartnäckig. Hello, hello, hello Taxi, hello Taxi schrien sie uns in die Ohren. Ebenso hartnäckig kämpften wir uns durch, zum offiziellen Taxistand. Hangzhou, mit „nur“ 6,2 Millionen Einwohnern, ist ein beliebtes Touristenziel in China. Die Stadt liegt am idyllischen Westsee, umgeben von grünen Hügeln. Ganze Armeen von Strassenkehrern und Müllsammlern sorgen für peinlichste Sauberkeit. Auf der gepflegten Uferpromenade, umgeben von blühenden Blumenbeeten und alten grossen Bäumen, wird gesungen, musiziert und getanzt. Jeder glaubt, ein grosser Star zu sein.

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Jede halbe Stunde findet ein Wasserspiel statt, eine perfekte chinesische Choreografie zu verschiedenen Musikstilen.

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Die Stadt ist bekannt für den „Longjing“-Grüntee, der in der üppigen, feuchten Umgebung kultiviert wird und für die Seidenherstellung. Im Prospekt der Stadt, wurde ich aufmerksam auf die China Silk Town, eine 1,1 km lange Fussgängerzone, wo sich Seidenladen an Seidenladen reiht. Auch die Busse, die dort hinführen, waren angegeben. Wir fragten an der Reception im Hotel, wo wir die Bushaltestellen finden würden. Es konnte uns niemand Auskunft geben. Sie lösten das Problem auf einfache Weise, indem sie uns sagten, in der Stadt gebe es andere Seidengeschäfte, wir sollen doch dort etwas kaufen. Wir machten uns zu Fuss auf den Weg und fanden diese Strasse ohne grosse Hilfe.

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Es ist noch zu sagen, dass die Stadtpläne sehr schlecht sind. Die kleinen Strassen sind gar nicht aufgezeichnet und es ist oft schwierig, sich zu orientieren und die Distanzen einzuschätzen. Jedenfalls habe ich 2 Blusen gekauft, billiger als Tee! Ob es wirklich Seide ist, wird sich zu Hause zeigen. Das Dessin gefällt mir, teuer waren sie auch nicht, also was soll’s. Zu diesem Preis hätte ich zu Hause nicht einmal eine Baumwollbluse gekriegt.
Da wir beide etwas kränkeln, die feuchte Wärme und die Klimaanlagen hatten ihre Wirkung, machten wir keine grossen Sprünge. Den „Longjing“-Grüntee hatten wir ja bereits in Shanghai eingekauft. So begnügten wir uns mit Spaziergängen, entlang der Seepromenade und einer Schifffahrt.

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Wir bewunderten die Wasserspiele und lauschten all den verschiedenen musikalischen Darbietungen. Durch die Feuchtigkeit liegt immer etwas Dunst in der Luft und die klaren Tage waren bis jetzt gezählt.

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