Am Vorabend unserer Abreise trat doch noch plötzlich Nervosität auf. Koffer wurden bepackt und wieder ausgepackt. Am Schluss mussten wir Kompromisse machen und einiges zu Hause lassen, was wir unseren Jungen mitbringen wollten.

Bei strahlendem Wetter und endlich angenehmen Temperaturen machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg Richtung Zürich Airport. Am Check-in wurden wir ausserordentlich freundlich begrüsst, unsere bereits reservierten Plätze gegen bessere Sitze ausgetauscht und unsere schweren Koffer ohne Probleme akzeptiert. Irgendwie schien bei diesem herrlichen Frühlingsmorgen für Alle die Welt in Ordnung zu sein. Selbst der Kassier im Duty Free Shop war zum Spassen aufgelegt. Auch der chinesische Pilot, der strammen Schrittes an uns vorbei marschierte, schenkte uns ein Lächeln. Pünktlich um 13:20 h wurden die Türen der A330 der Hainan Airlines geschlossen und wir starteten Richtung Osten in unser neues Abenteuer: China!

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Vergnügt wollten wir nach dem Start mit einem Glas Rotwein auf unser Unternehmen anstossen, aber Armin verschüttete seines schneller als es serviert wurde. Der Pilot lenkte seine Maschine über Prag, Warschau, Moskau, Jektarinenburg und Irkursk nach Beijing. Nach knapp 10 Stunden und einem angenehmen Flug, ohne Turbulenzen landeten wir zur Freude unseres Morgenmuffels Oliver um 05:30 h in der 20-Millionenstadt Beijing.
Trotz der frühen Morgenstunde wurden wir von ihm froh gelaunt begrüsst. Am Zoll kümmerte sich kein Mensch um unser Gepäck. So haben Käse, Kirsch etc. das Ziel perfekt erreicht.

Unsere ersten Erfahrungen und Gehversuche in China.

Nach dem Verlassen des Flughafengebäudes begann das Feilschen mit den Taxifahrern. Oliver zahlte 54 Yuan für die Fahrt zum Airport. Die freundlichen Chinesen rochen das Geschäft mit den ausländischen Touristen. Zwischen 100 – 400 Yuan wollten sie von uns, das Gepäck sei das Problem. Oliver, bereits ein Fachmann im Feilschen wartete bis einer bereit war uns für 80 Yuan zu Olivers Wohnort zu chauffieren.

Lenka's und Oliver's Wohnung im  10.Stock

Lenka’s und Oliver’s Wohnung im 10.Stock

Nach dem langen und kalten Winter freuten wir uns, auf angenehme Temperaturen in Beijing, ist es doch auf demselben Breitengrad wie Rom gelegen. Doch ein kalter, giftiger Wind blies uns um die Ohren und wir klapperten vor Kälte, wie letztes Jahr im französischen Massif Central e. In China ist die Heizperiode bereits anfangs März beendet, ob kalt oder warm. So konnten wir uns in Olivers Wohnung auch nicht wirklich aufwärmen. Bevor unser Sohn zur Arbeit ging, erklärte er uns noch einiges, wie zum Beispiel das Verschliessen der elektronischen Wohnungstür, wo man Bargeld beziehen kann und in welcher Strasse wir etwas Essbares finden würden. Nach einem kurzen Schlaf wagten wir uns auf die Strasse. Ein ganzes Requiem an Fehlermeldungen hat uns das Schloss an der Wohnungstüre vorgespielt, bis wir zur Hotline in Olivers Büro griffen. Nach einigen Versuchen gelang es uns auch Bargeld zu holen. Mit vollem Portemonnaie machten wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem. In der beschriebenen Strasse fanden wir ein kleines sympathisches Restaurant, doch keiner sprach Englisch. Das Personal wusste sich zu helfen indem ein Kellner ein Telefon holte und wir einer englisch sprechenden Dame per Telefon erklären konnten, was wir zum Essen und Trinken wünschten. Diese übersetzte dies dem Servierpersonal und so kamen wir zu unserer ersten Mahlzeit in China.
Nach einem langen Jetlag-Schlaf schien uns am anderen Morgen etwas wärmende Sonne zaghaft durch den Beijinger Smog ins Gesicht. Ein Tag des Lernens stand bevor. Oliver brachte uns das Verkehrssystem, wie U-Bahn und Bus bei. Wir lernten „Danke“ in Chinesisch zu sagen und wir merkten bald, dass auch Flexibilität gefragt ist. Mit der U-Bahn fuhren wir zum Yuyuantan-Park, wo die Kirschbäume in voller Blüte standen. Auf einer Tafel vor dem Eingang war schwarz auf weiss vermerkt, dass Rentner über 65 Jahren kein Eintrittsgeld bezahlen müssen, doch am Schalter hiess es dann, dass diese Regelung erst ab 70 Jahren gelte. Es ist üblich hier, dass täglich, je nach Befinden irgendeiner Person die Regeln geändert werden. Die geschäftstüchtige Mentalität müssen wir erst noch richtig verstehen lernen. Schnell mussten wir feststellen, dass es neben vielen Schlitzaugen ebenso viele Schlitzohren gibt. Es kommt auch durchaus vor, dass wir selbst in der Grossstadt als „Homo Langnase“ angestarrt oder gar fotografiert werden.

Glocke am Eingang des Parkes

Glocke am Eingang des Parkes

Frühlingsfreude

Frühlingsfreude

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Frühlingsmode oder Notwendigkeit?

Frühlingsmode oder Notwendigkeit?

Die chinesische Mauer

Ca. 8000 km zieht sich das gewaltige Bauwerk von Ost nach West, über Berge und Täler. Mit dem Bau wurde ca. 200 Jahre v. C. begonnen. Bereits vorher hatten regionale Könige isolierte Mauernstücke gebaut, um plündernde Nomaden fernzuhalten. Kaiser Qin liess die Mauerstücke durch hunderttausende Arbeiter – meist politisch Gefangene- mit einander verbinden. Die zehnjährige harte Arbeit leitete General Meng Tian. Er baute den Kern der Mauer aus ca. 180 Mio. m3 gestampftem Lehm, nach der Überlieferung, versetzt mit den Knochen verstorbener Arbeiter.

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Um dieses gewaltige Bauwerk zu besuchen, klingelte unser Wecker um 05:30 h. Wir kauften uns Billette für 120 Yuan, Busfahrt hin und zurück, Eintritt sowie Gondelfahrt vom Tal auf die Mauer, inbegriffen. Schwarz auf weiss stand es wiederum auf dem Ticket geschrieben. Nach zweistündiger Fahrt erreichten wir Jinshanling. Dieses Mauerstück ist noch nicht so ein grosser Touristenmagnet, deshalb war die Fahrt im halbvollen Bus angenehm. Bei der Talstation der Gondelbahn kam das nächste Aha -Erlebnis. Wir mussten nochmals 40 Yuan für die Bergfahrt bezahlen, ist plötzlich nicht mehr inbegriffen! Oben auf der Mauer angelangt, hatten wir bald eine freundliche Chinesin im Schlepptau. Sie wollte der alterden, weisshaarigen Dame behilflich sein über die teilweise hohen Treppen zu steigen und natürlich ihre Souvenirs zu verkaufen. Es dauerte recht lange, bis sie begriff, dass ich ihre Hilfe nicht nötig hatte. Es blieb uns genügend Zeit, auf dem imposanten Bauwerk herum zu klettern, an der Sonne einen Pic Nic zu geniessen und anschliessend wieder ins Tal zur Bushaltestelle zu spazieren.

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Vielleicht hätte ich die Hilfe der freundlichen Chinesin doch annehmen sollen, denn beim steilen Abstieg rutschte ich aus und verdrehte mir Knie und Knöchel. Erst dachte ich, dies wäre bereits das Ende meiner Reise. Doch nun humple ich in den nächsten Wochen durch China. Kaum zu glauben, letztes Jahr fuhr ich mit dem Fahrrad 4300 km, ohne einen Kratzer abzubekommen, dieses Jahr muss das am dritten Tag passieren.

Ein Kommentar zu “Beijing 19. bis 22 April 2013”

  1. Lisbeth Sulzeram 05.05.2013 um 18:05

    Liebe Susi und Ehemann
    Da bin ich am Sonntagabend am PC.. ohne Ziel, vielleicht wieder mal alte eMails löschen… Da kommt mir in den Sinn, dass ich mich immer wieder über Eure Beiträge Eurer letzen Veloreise gefreut und die schönen Fotos so bewundert habe. Ich versuche mal den Blog wieder zu finden und siehe da… MEILIS sind wieder „on tour“! Hey.. so spannend, vielen Dank für Eure Mühe wieder Einiges den zu Hause gebliebenen zugänglich zu machen. Bin gespannt auf die Fortsetzung. Fuss und Knöchel sind hoffentlich am „heilen“.
    Unterdessen… ist mein Mann pensioniert, wir waren in Bali und haben auch in nur zwei Wochen Einiges erlebt.
    Ich grüsse Euch ganz herzlich und wünsche Euch einen guten Aufenthalt in China… mit vielen tollen Erlebnissen… und eine gute Rückkehr.
    Herzlichst!
    Lisbeth Sulzer, Feldbach