Am Montagmorgen früh verliessen wir die grüne, üppige Provinz Guangxi wieder gleich nass, wie wir sie betreten hatten. Unser Flug führte über Chongqing nach Shangri-La in der Provinz Yunnan. In Chongqing trafen wir Lenka und Oliver. Sie haben über den 1. Mai einige Tage frei. Wir wollten zusammen auf den Ausläufern des tibetanischen Hochplateaus einiges unternehmen. Mit etwas Verspätung landeten wir in Shangri-La auf 3200 m über Meer. Hier weht bereits tibetanische Luft, die angesichts der Höhe recht dünn ist. Deshalb gingen wir den folgenden Tag gemütlich an.

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Shangri-La beheimatet eines der sehenswertesten Klöster der Provinz Yunnan. Mit dem Bus fuhren wir einige Kilometer zum 300 Jahre alten tibetanischen Kloster Ganden Sumtseling Gompa, in dem etwa 600 Mönche leben.

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Zurück in der Stadt besichtigten wir gemütlich die pittoreske Altstadt. Wir spazierten durch die kopfsteingepflasterten Strässchen. Der Duft des gebratenen Yakfleisches aktivierte unsere Magensäfte. Die vielen Händler, die verschiedene Produkte von den Yaktieren , seien es Leder- oder Fellartikel, getrocknetes, gewürztes Fleisch oder verschiedene Artikel aus Horn anboten, fielen uns positiv auf.

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Gebetsmühlen

Gebetsmühlen

Oliver hilft die riesige Gebetsmühle in Gang zu halten

Oliver hilft die riesige Gebetsmühle in Gang zu halten

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Sie waren weniger aggressiv als in Yangshuo und so konnten wir die Auslagen in Ruhe bewundern. Nach zwei Nächten in Shangri-La ging es dann schon wieder weiter. Wiederum klingelte der Wecker um 5:15 h morgens, denn um 7:10 h fuhr der Bus auf der Teestrasse Richtung Süden. Trotz der frühen Morgenstunde sassen wir vier im Bus und plauderten fröhlich drauf los, bis uns der Chauffeur zur Ruhe mahnte. Schon wieder etwas gelernt – anscheinend spricht man in chinesischen Bussen nicht! Früher wurde der Pu’er Tee, der in Yunnan kultiviert wurde, auf dieser Strasse über den Tibet nach Indien transportiert. In Qiaotau wechselten wir in einen kleinen Bus, der uns nach Walnut Garden, in der Tigersprungschlucht brachte. Die 16 km lange Tigersprungschlucht ist eine der tiefsten Schluchten der Welt. Sie misst schwindelerregende 3900 m vom Wasser des Jinsha Flusses bis zu den schneebedeckten Bergen des Haba Shan im Westen und des Yulong Xueshan im Osten. Der Namen der Schlucht kommt daher, dass ein Tiger an der schmalsten Stelle von der einen auf die andere Seite der Schlucht springen kann.

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In einem gemütlichen Guesthouse fanden wir ein Bett für die Nacht. Am Strassenrand stand eine Reklametafel: 25 Stunden warme Dusche pro Tag! Anscheinend erwischten wir die 26. Stunde, denn wir duschten mit kaltem Wasser! Für die Wanderung in der Schlucht teilten wir uns auf. Lenka und Oliver wanderten steil bergab, in den Talboden des Flusses, über wacklige Brücken und über eine Leiter wieder steil bergauf. Eher etwas für stärkere Nerven! Armin und ich liessen den Adrenalinspiegel nicht so hoch steigen. Wir spazierten gemütlich bergauf, um die Aussicht über die imposante Schlucht zu geniessen und um dem Gesang des Kuckucks zu lauschen.

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Auch in dieser hintersten Ecke Chinas trafen wir auf ein sympathisches Schweizer Paar, Jörg und Miriam, die zurzeit in Shanghai wohnen. Weg vom Massentourismus, dort wo Individualismus gefragt ist, treffen wir immer wieder auf abenteuerlustige Schweizer. Nach einer Nacht verabschiedeten wir uns bereits wieder von der Schlucht und mit einem Kleinbus ging es talabwärts weiter nach Richtung Lijiang. Auf einer holprigen Strasse fuhr unser Fahrer durch authentische kleine Dörfer und durch die fruchtbare Landschaft. Schöne, rote Erdbeeren wurden am Strassenrand angeboten. Überall auf den kleinen Terrassen wird Weizen angebaut, alles in Handarbeit. Fleissige Frauen waren eben dabei, den Weizen zu schneiden. Die kleinen Felder können nicht mit grossen Maschinen bearbeitet werden. Zum Glück überstanden wir die holprige Fahrt heil und ohne Achsenbruch.
Lijiang liegt immer noch 2300 m über Meer. Im 13. Jahrhundert wurde die schmucke Altstadt gebaut und gehört heute zum Unesco Weltkulturerbe. Lijiang ist das Hauptsiedlungsgebiert der Naxi Nationalität.

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Die Naxi

Lijiang war in den vergangenen 1400 Jahren die Heimat der aus 28600 Stammesmitgliedern bestehenden Naxi. Sie stammen tibetischer Herkunft ab und lebten bis vor Kurzem in einer matriarchalischen Gesellschaftsform. Da die lokalen Herrscher stets Männer waren, handelt es sich nicht um ein Matriarchat im strengen Sinne, aber die Frauen hatten hier offensichtlich dennoch das Sagen.
Ihre Macht über die Männer bezogen die Naxi-Frauen aus flexiblen Arrangements für Liebesbeziehungen. Das Freund-System ermöglichte es einem Paar, eine Beziehung zu führen, ohne in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Beide Partner lebten weiter in ihrem bisherigen Heim; der Freund verbrachte die Nacht im Haus der Freundin, kehrte aber tagsüber ins Haus der Mutter zurück, wo er lebte und arbeitete. Bekam das Paar Kinder, so gehörten diese zur Frau, die dafür verantwortlich war, sie gross zu ziehen. Der Mann unterstützte sie dabei, wurde die Beziehung jedoch beendet, war es dann auch mit der Unterstützung vorbei. Kinder lebten bei ihren Müttern und niemand bemühte sich sonderlich um die Anerkennung der Vaterschaft. Frauen erbten alle Besitztümer und Streitereien wurden von älteren Frauen geschlichtet.
Das Matriarchat hinterliess auch in der Sprache der Naxi starke Spuren. Substantive erhalten eine stärkere Bedeutung, wenn das Wort für „Frau“ angehängt wird; umgekehrt schwächt der Zusatz „Mann“ ihre Bedeutung ab. So bedeutet zum Beispiel das Wort „Stein“ plus „Frau“ so etwas wie Felsbrocken, während „Stein“ plus „Mann“ eher einen Kieselstein meint.
Auch die Naxi haben bald bemerkt, dass die Frauen stärker als die Männer sind!

Ein weiteres Merkmal von Lijiang ist der ca. 20 km entfernte, mächtige Schneeberg Yulong. Wegen der Fülle an Gletscherformen wird dieser Berg als Chinas „natürliches Museum für Gletscher“ bezeichnet. Des regnerischen und trüben Wetters wegen, kennen wir ihn nur von Fotos. Auch am Sonntag, als kaum eine Wolke den Himmel trübte, zierte sich der Berg und hüllte sich schmollend in Nebel.

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Eine besondere Attraktion ist, das Spiegelbild des Berges im „Teich des schwarzen
Drachen-Parkes“ zu sehen. Auch dieser Anblick war uns vergönnt, nicht nur des trüben Wetters wegen, sondern ganz einfach, weil der Teich gar kein Wasser enthielt.

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Die Altstadt zerschneidet ein Netz arterienartiger Kanäle, die einst das Trinkwasser aus der Yuguan-Quelle zum heutigen „Teich des schwarzen Drachen Parkes“ führten.

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Mehrere im Umkreis liegende Brunnen und Becken sind heute noch im Gebrauch. Dort wo es drei Becken hintereinander gibt, werden diese für die Trinkwassernutzung, zum Gemüseputzen und das letzte zum Wäschewaschen benützt.

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Das „Weisse Pferd Drachen Becken“ wird heute noch von den Anwohnern zum Gemüse- und Wäschewaschen benutzt.

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Hinter dem alten Marktplatz erhebt sich ein Hügel, mit einer Art Wach- und Aussichtsturm mit einem einzigartigen Design mit Dutzenden von Säulen, die das vierstöckige Gebäude stützen. Das Holz dafür stammt aus den Wäldern im Norden Yunnans.

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Die Tage, zusammen mit Lenka und Oliver waren im Flug vorbei. Wir profitierten viel von ihren China-Erfahrungen. Sie kehrten nach Beijing zur Arbeit zurück, wir flogen weiter in die Provinz Sichuan, nach Chengdu, die Heimat der Pandabären.

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