Armin

Cacares – Salamanca

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Caceres – Canaveral
45 km, kum. 394 Hm

Montag, 28. April 2014

Die Arbeitsbienen starteten heute in eine neue Arbeitswoche, wir in einen neuen Velotag. Die Wetterprognosen für die nächsten Tage sind hervorragend. Ab und zu schauen wir auf unseren Handys die Wettervoraussichten der Schweiz an und sind dann mehr als zufrieden mit dem Wetter in Spanien, morgens um ca. 12° C, tagsüber um 25 – 27°C und purer Sonnenschein. Zeitig waren unsere Velos bepackt um dem grossen Arbeitsverkehr aus der Stadt zu entkommen. Wir wussten, die Verpflegungs- und die Übernachtungsmöglichkeiten werden auf den nächsten Etappen immer rarer. Deshalb suchten wir nicht erst den Camino, sondern wählten gleich die Strasse. Bald wurde die Landschaft karg, nur noch Schafweiden, grosse verwaschene Felsen, ohne Bäume. Man fühlte sich in die schottischen Highlands versetzt. Gleichmässig traten wir in die Pedalen und meisterten Hügelzug um Hügelzug, bis sich plötzlich der grosse Tajo-Stausee vor uns auftat.

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Der Rio Tajo, der hier gestaut wurde, ist der grösste Fluss auf der iberischen Halbinsel und mündet schliesslich bei Lissabon als Rio Tejo in den atlantischen Ozean. In den verschiedenen kleinen Bächen, die zum Stausee führen, quakten die Frösche, was das Zeug hält. Im Talkessel wurde es brütig warm, langsam können wir wieder an ein leichteres Velotenue denken, doch am Abend ist die Faserpelzjacke immer noch ein „Muss“. Schon früh, bereits um 14:00 h hatten wir unser Ziel, das Bergdorf Canaveral erreicht.

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Seit Tagen war ein kühles Bier, beim Erreichen des Zielortes, ein willkommene Erfrischung.

Canaveral – Carcoboso
40 km, kum. 360 Hm

Dienstag, 29. April 2014
Morgens um 7:00 h hörten wir die ersten Wanderer aus dem Hotel schleichen. Es wurde auch Zeit für uns, uns aus den Federn zu machen. Wiederum bei schönstem Wetter stiegen wir in die Pedale um gleich den nächsten Passübergang zu bezwingen auf die nächste Hochebene.

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Unser Reiseführer bot uns eine gute Alternative über kleine Landstrassen an. Für uns, die wir aus der dichtbesiedelten Schweiz kommen, ist die Weite der Landschaft immer wieder beeindruckend. Kilometerweit kein Haus weit und breit, höchstens eine Schaf- oder Kuhweide. Gemütlich radelten wir durch die Felder, die bereits bewässert werden müssen, unserem Ziel Carcaboso zu. Im Hintergrund naht bedrohlich das kastilische Scheidegebirge mit den schneebedeckten Gipfeln, das wir in den nächsten Tagen überwinden müssen. Schon nach 13:00 h fuhren wir durch die Ziellinie. Die Zimmersuche gestaltete sich heute zum ersten Mal schwieriger. Das einzige Hostal im Dorf war bereits vollbesetzt. Der Hotelbesitzer verwies uns an die Albergue turistico von Senora Elena. Sie hatte für uns noch zwei Betten frei.
Nach den Strapazen der letzten Tage, kam es bei den Gangschaltungen unserer Velos immer häufiger zu Störungen. Deshalb fragte Armin die Senora nach einem Velomechaniker im Dorf. Für die gute Senora gibt es wahrscheinlich ausser der Anzahl der Räder keinen Unterschied zwischen Auto und Fahrrad. Flink verschwand sie mit Hilfe ihres Rollators und Armin über die Strasse, in die nächste Gasse. Der Automechaniker wollte jedoch nichts von Fahrrädern wissen. Armin hatte somit ein abendfüllendes Programm, um die Wechsel selbst zu regulieren, unter dem wachsamen Auge von Senora Elena und einigen überflüssigen Kommentaren von „Grossmaul-Pilgern“. Alle fünf Minuten kreischte es aus ihrem zahnlosen Mund: „Können sie es regulieren?“ Einmal brachte sie einen Lappen um die Hände zu putzen, dann einen Karton, um darauf zu knien oder einen Stuhl zum Sitzen. Am liebsten hätte sie wahrscheinlich die Arbeit selbst erledigt. Es ging ihr eindeutig zu langsam. Beunruhigt gingen wir schliesslich ins Bett. Wir waren nicht sicher, ob die Gangschaltungen der nächsten Etappen standhalten würden.

Carcaboso – Plasencia
15 km, 263 kum. Hm

Mittwoch, 30. April 2014

Am Morgen stand der Entschluss fest. Wir gehen nicht auf Bergetappe, sondern in den ca. 10 km entfernten, grösseren Ort Plasencia, wo es Velogeschäfte geben soll. Wir staunten, ob des regen Verkehrs auf der kleinen Landstrasse. Es gab ja nirgends Häuser, wo kamen denn all die Autos plötzlich her? Schon eingangs der Ortschaft fanden wir ein Velogeschäft, von zwei jungen Männern geführt. Ganz enthusiastisch und ohne lange zu lamentieren, versprachen sie uns, die Räder zu kontrollieren. In einer Stunde würden sie abholbereit sein. Währenddessen bummelten wir durch die Altstadt und suchten uns ein Hotelzimmer. Neu eingestellt und geschmiert, und einer Speiche für Armins Hinterrad, für knappe 20 Euros, konnten wir unsere Räder wieder in Empfang nehmen. Wir waren sicher, dass wir nun guten Mutes die Bergetappe in Angriff nehmen konnten.

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Plasencia – Banos de Montemayor
52 km, 595 kum. Hm

Donnerstag, 1. Mai 2014

Der 1.Mai ist in Spanien ein Feiertag. Deshalb machten wir uns schon früh aus den Federn, um ohne erhöhten Adrenalinspiegel der Stadt zu entkommen. Als wir starteten, schlief Spanien noch, nur Kuckuck und Co. waren wach. Auf der stetig steigenden Nationalstrasse liessen wir die Stadt hinter uns. Nach ca. 12 km erreichten wir die Abzweigung zur Ciudad de Caparra, wo es noch römische Ruinen und einen gut erhaltenen Triumphbogen gibt. Für uns war dieser Triumphbogen sehenswert, weil er ungefähr in der Mitte der Via de la Plata liegt. Wären wir von Carcaboso aus dem Camino gefolgt, wären wir direkt durch den Bogen gefahren. So aber bedeutete es für uns einen grossen Umweg zu fahren. Wir verliessen die Nationalstrasse auf einer kleinen Landstrasse talwärts. Alles was wir an Höhe gewonnen hatten, war bald wieder weg. Innerlich wetterte ich vor mich hin, denn ich wusste, diese Höhenmeter mussten wir hinauf pedalen. Endlich, ca. 10 km von der Abzweigung entfernt, fanden wir diese römische Stadt.

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Wir hatten die Hoffnung schon bald aufgegeben. Es war gerade 10:00 h morgens und eine Dame öffnete den Eingang. Sie überfiel uns gleich mit Fragen über Woher und Wohin, gab uns aber noch einen guten Tipp für eine Alternative zur Nationalstrasse, die auf unseren Karten nicht sichtbar war. Sie wollte uns gleich auch noch für eine Filmvorführung über die Römer animieren. Aber eigentlich wollten wir nur diesen Triumphbogen sehen und nichts erfahren über Schuh- und Kleidergrössen der Römer. Im selben Moment, als der Wortschwall der Dame so auf uns herunter prasselte, kamen nochmals vier Personen, die angeblich eine Studie über die Via de la Plata verfassen. Für sie waren wir ein gefundenes Fressen. Von allen Seiten wurden wir unter dem Triumphbogen fotografiert. Bis unser Fotoshooting vorbei war, standen auf dem Parkplatz bereits drei Reisecars und die Anlage wurde von einem Touristenstrom überrannt.
Der Tipp der Dame für die Alternativstrasse war wirklich gut. Über viele Kilometer fuhren wir wieder allein auf uns gestellt, über die Felder.

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Unseren Znünihalt machten wir auf den Steinen einer kleinen Brücke. Aus dem kleinen Gewässer quakte es lautstark ohne Unterbruch. Delikatessen für die Störche! Schliesslich gab es keinen Ausweg mehr, wir mussten zurück auf die Nationalstrasse und unsere restlichen Höhenmeter wieder zu bezwingen.

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Hunderte von Motorradfahrern brausten uns entgegen. Unserem eigentlichen Tagesziel hängten wir noch 10 km an und erreichten völlig durchschwitzt Banos de Montemayor. Dies ist ein Thermalbadekurort am Südhang des kastilischen Scheidegebirges. Dementsprechend waren wir die jüngsten Gäste im Hotel.

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Banos de Montemayor – Guijuelo
44 km, 843 kum. Hm

Freitag, 2. Mai 2014

Irgendwie kamen wir heute nicht vom Fleck. Ich weckte Armin um 7:30 h aus dem Tiefschlaf. Es schien als hätten wir beide keine Lust für die bevorstehende Bergetappe. Bis wir gefrühstückt und uns mit Proviant eingedeckt hatten, war es bereits 9:30 h. Das Velogremium hatte sich einstimmig für eine Nationalstrasse-Etappe entschieden. Abenteuer über Steine und Bäche lagen nicht drin. Kurve um Kurve krochen wir den Berg hoch. Kurz nach dem Dorf hatten wir die Extremadura verlassen und erreichten die Provinz Castilla y Leon.

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Wir hofften auf eine lockere Talfahrt nach Erreichen der Höhe.
Aber damit war definitiv nichts. Die Strasse drehte nach rechts auf den nächsten Hügel. Es sah aus, als hätten die Strassenbauer immer neue Hügel gefunden, um die Strasse hinauf zubauen. In Bejar glaubten wir, den Zenit erreicht zu haben. Weit gefehlt, erst als wir eine Passhöhe von über 1200 m ü. M. (Sevilla liegt auf 10 m ü. M.) erreicht hatten, konnten wir an rasante Abfahrten denken, wobei uns der heftige Gegenwind immer wieder ausbremste.

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Auf der Passhöhe befanden wir uns auf gleicher Höhe wie die schneebedeckten Gipfeln des kastilischen Gebirges. Unsere Strassenetappe verlief weit entfernt des Caminos. Auf unserer Strassenkarte mündete die Nationalstrasse immer wieder in die Autobahn und wir fragten uns, wo es wohl Fahrgelegenheiten für geben würde. Unsere Bedenken waren umsonst. Parallel zur Autobahn verläuft eine Servicestrasse für Radfahrer und landwirtschaftliche Fahrzeuge.
Total müde erreichten wir Guijuelo und hofften auf eine Unterkunft. Von weitem sieht man, diesem Ort geht’s schweinisch gut. Die Strasse in den Ort ist links und rechts von Fleischfabriken gesäumt. 70 % des Jamon ibericos wird hier hergestellt. Russland kaufte bis vor kurzem Schweinefett hier ein, bis der Bestellungseingang ein abruptes Ende hatte.

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Im Ort gibt es nur ein Hotel, ein Business-Hotel. Wir scheuten keine Kosten, wir waren einfach froh, in einem guten Bett zu schlafen.
Wir waren so auf die Strasse konzentriert, dass wir gar nicht bemerkten, dass die Schneeberge, denen wir so nahe waren, schon weit entfernt im Rücken liegen.

Guijuelo – Salamanca
53 km, 476 kum. Hm

Samstag, 2. Mai 2014

Die typische Landschaft der Region Castilla y Leon ist die Meseta, die Hochebene zwischen 600 und 1000 m ü. M. Diese Höhenlage hat zur Folge, dass es hier erheblich kälter ist, als in den südlichen Regionen. Die Winter sind kalt und auch der Frühling und der Herbst sind nicht mehr so angenehm warm, wie im Süden. Nachtfrost kann es vom Oktober bis Mai geben, die Sommernächte sind kühl, nur im Hochsommer kann es tagsüber höllisch heiss werden, was das kastilische Stichwort begründet „neun Monate Winter, drei Monate Hölle“. Diese Tatsache sollten wir auf der heutigen Etappe zu spüren bekommen. Wir schusterten unseren Weg selbst zusammen, immer noch fernab vom Camino. Wir machten uns früher auf den Weg, als am Vortag. Die Ortschaft Guijuelo liegt immer noch auf gut 1000 m ü. M. und der kalte Gegenwind hatte sich noch nicht gelegt. Es dauerte nicht lange und wir holten unsere Handschuhe aus dem Gepäck. Der Weg führte durch einige kleine Dörfer, die in der frühen Morgenstunde, wie ausgestorben erschienen. Wir fuhren durch Weideland, soweit das Auge reicht, ab und zu ein Weizenfeld oder ein Steineichenwald. Die Kühe schauten uns erstaunt an, als ob wir von einem fremden Planeten kämen. Hier schien es nur heile Welt zu geben, ohne Wirtschaftskrise. Trotz der Hochebene, die Etappe hatte es doch in sich. Hügelzug um Hügelzug forderte uns heraus.

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Langsam verschwanden die Schneeberge ganz in unserem Rücken und plötzlich lag unser Tagesziel Salamanca vor uns. Ein komfortabler Radweg führte uns gleich zur römischen Brücke und somit wieder auf den Camino. Wir wussten auch gleich welches Hotel wir ansteuern würden, das kleine Hostal, gleich neben der Plaza Mayor, wo wir schon vor zwei Jahren wohnten. Wir waren relativ früh dran und hatten es gar nicht eilig.

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Auf der römischen Brücke plauderten wir mit einem deutschen Ehepaar. Wir versprachen, mit den Fahrrädern an Deutschlands Ostküste zu kommen. Ein paar Schritte weiter, vor der Kathedrale, wurden wir von einer deutschen Reisegruppe „überfallen“. Sie hatten uns beim Triumphbogen von Caparra gesehen und gleich wieder erkannt. Wiederum mussten wir Auskunft geben über das Woher und Wohin. Eine Frage lautete: „Was meine ihre Kinder, wenn sie so lange von zu Hause weg sind?“ Ja, was sagen sie wohl? Hier können sie sich äussern! So verging die Zeit rasch und schliesslich schlängelten wir uns durch die Menschenmenge zu unserem Hotel durch. Wir machten lange Gesichter, als der Mann an der Réception uns erleuterte, dass Salamanca über dieses Wochenende (1. – 4. Mai) ausgebucht sei. Logisch, viele Leute haben den „Viadukt“ gemacht. Mit Hilfe des Touristenbüros kamen wir trotzdem noch zu einem Bett in der Nähe des Zentrums. Obwohl wir diese wunderschöne Stadt schon einmal besichtigt hatten, wollten wir zwei Nächte hier verbringen und uns eine kleine Ruhepause gönnen. Armin, der bettelarme Pilger, jammerte dermassen, dass der Hotelier die zweite Nacht fast zum halben Preis vergab.
Nach einer Dusche und einer Ruhepause setzten wir uns in ein Café auf der imposanten Plaza Mayor und beobachteten das Treiben. Die jungen Leute sassen gruppenweise mitten auf dem Platz auf dem Boden und plauderten, festlich gekleidete Leute gingen an uns vorüber.

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Salamanca

Sonntag, 4. Mai

Was wäre Spanien ohne die endlosen Nächte? Ramba Zamba bis in die frühen Morgenstunden! Kaum sind die letzten Nachtschwärmer um 7:00 Uhr morgens verstummt, brummt die Strassenputzmaschine durch die Strassen.
Wir verrissen keine grossen Stricke. Es wurde uns aber bewusst, dass einiges verschwunden ist. Auf den Dorfplätzen oder Stadtparks gibt es keine Orangenbäume mehr, die zu dieser Jahreszeit einen wunderbaren Duft verbreiten. Mit den Orangenbäumen ist auch der frischgepresste Orangensaft von Frühstückstisch verschwunden. Die Olivenbäume sind den Steineichen gewichen und somit gibt es in den Bars zum Getränk keine Oliven mehr, sondern eine Schale Pommes Chips. Einige Störche haben die Überquerung des kastilischen Gebirges geschafft, sind aber nicht mehr so häufig anzutreffen wie in der Extremadura.

2 Kommentare zu “Cacares – Salamanca”

  1. Der eine Sohnam 10.05.2014 um 05:15

    Was meinen die Söhne, wenn die Eltern so lange weg sind?

    Endlich sturmfreie Bude!

    Viel Spass auf der Weiterreise und feiert den Muttertag in aller Ruhe: ein extra Gläschen Wein geht auf mich 😉

  2. Hannaam 11.05.2014 um 19:17

    Ich verfolge eure Reise mit grossem Interesse und freue mich schon jetzt darauf, dann das Fotobuch mit euch zusammen anzuschauen. Gute Fahrt und liebe Grüsse. Hanna